.~ Der Schieferberg ~.
Oben auf der Felsterrasse, halbe Höhe des Berges, trat Epona Yamanaka missgelaunt gegen einen Stein.
Schieferberg murmelte sie den Namen dieses unwirtlichen Ortes.
Aber wirklich! Das Stückchen Fels löste sich durch ihren Tritt, und während sie halblaut über schmerzende Zehen fluchte, fiel es das Kliff herunter und zerbröckelte mit einem Klirren.
Nicht nur alles schief hier, es fällt auch noch auseinander! So war Schiefer eben.
Epona wandte sich wieder um und der Feuerstelle zu. Heruntergebrannt, aber noch von einer warmen Aura umhüllt, stellte sie fest, als sie die Hand darüber streckte.
Die Kunoichi hatte nun schon ein halbes Jahrhundert an Leben gesehen, doch das sah man ihr nicht an, denn eine Kunst speziell für Spione und ganz besonders arrogante Frauen bescherte ihr beständig den Körper einer Zwanzigjährigen, oder welches Alter sie auch immer wollte. Keine Illusion, kein temporärer Trick, sondern echt genug, um selbst Doujutsu-Nutzer zu täuschen.
Ihre Beute war schon wieder weg, aber nicht lang. Sie kam ihm vielleicht näher. Aber nicht mehr heute. Es dunkelte schon, und der Gesuchte, dem sie seit Hi no kuni nachjagte, hatte nicht alles Feuerholz aufgebraucht, das er hier oben zusammengetragen hatte.
Glücksfall.
Hier campen, dann muss ich kein Feuerholz sammeln dachte Epona laut, und ihre Faulheit gewann die Oberhand. Rasch entzündete sie das Feuer neu, während die Dunkelheit um sich griff.
Halt dich dem Hochgebirge fern, hatte man ihr eingeschärft. Halt dich fern aus anderen Großreichen. Entfache keinen Krieg.
Tu ich ja nicht, tu ich ja nicht, hatte sie beteuert. Und gleich der nächste Nuke-Nin war über die Grenze nach Kaminari no kuni gehoppst, und Epona hatte auf die Beteuerung gepfiffen und war ihm nachgehüpft.
Im Augenblick würde nichts darauf hindeuten, dass sie Shinobi war. Sie trug nichts weiter am Körper außer dem Dolch, und eine gewisse Bewaffnung durfte doch auch ein harmloser Wanderer haben? Auch die zwei Senbon-Behälte mit insgesamt 50 Nadellanzetten waren da, doch für die würde sie schon eine Ausrede finden, wenn nötig.
Keine Shuriken, keine Kunai, kein Stirnprotektor, kein Bingo-Buch, nichts. Alles wasserdicht verpackt und im Grenzgebiet von Hi no kuni verscharrt.
Ihr Rucksack enthielt Proviant und außerdem eine große Auswahl Tinkturen, Fläschchen und Flüssigkeiten in anderen Behältnissen aller Formen und Farben - nur ein ausgebildeter Arzt würde spitzkriegen, dass es sich hier um Gift handelte, und nicht um Medizin - es sei denn, er trank es, dann brauchte er natürlich kein Doktorstudium, um umzukippen.
Das Feuer flackerte, die Sterne glänzten vom Himmel. Epona lehnte sich zurück, gegen den Stein und zog den symbolfreien Reiseumhang enger um sich.